IdeenwerkBW-Schwerpunkt „Grüne Startups“ (3): Monitoren, Messen, Modellieren – Matthias Schneider und Christian Haas haben sich der Erhaltung und Verbesserung des ökologischen Zustands von Fließgewässern verschrieben. Ihre Firma Hydrones nutzt Drohnen im Umweltschutz.

Stuttgart - Die inzwischen jahrelange Erfahrung im Projekt Hydrones mit der drohnenunterstützten Aufnahme hochaufgelöster Fotos und deren Umwandlung in dreidimensionale Modelle macht sie weltweit zu gefragten Experten. Getroffen haben sich die beiden Ingenieure an der Uni Stuttgart über das internationale Studienprogramm WAREM (Water Resources Engineering and Management). Aus der anfänglichen Kooperation zwischen ihren Büros, der SJE GmbH und der I Am Hydro GmbH mit Sitz in Stuttgart beziehungsweise in St. Georgen im Schwarzwald, entstand ein weiteres Geschäftsmodell, die Hydrones GmbH.

 

Haas und sein Kollege, der Hydrologe Philipp Thumser, haben sich mit der „I Am Hydro GmbH“ auf modernste Datenerhebung an Gewässern spezialisiert. „Wir von SJE waren froh, dass wir für diese feldbezogenen Arbeiten mit neuester Technik einen hoch qualifizierten Partner gefunden haben. Da sind wir nämlich keine Spezialisten“, sagt der SJE-Geschäftsführer Matthias Schneider. Unter dem Namen Hydrones bearbeiten I Am Hydro und SJE gemeinsame Projekte und nutzen Drohnen im Umweltschutz.

Hydrones hat eine weltweit führende Expertise

Als im Jahr 2013 Drohnen auch in der Wissenschaft allgegenwärtig zu werden begannen, sprang Haas mit seinem Ingenieursbüro auf diesen Zug auf. „Speziell größere Gewässer kann man schlecht von Hand mit dem Fotoapparat aufnehmen“, sagt der Umwelttechniker. Viele Vermessungsbüros setzen zwar unterdessen Drohnen ein, aber der Bereich Gewässer ist eine Nische, die viele Spezialkenntnisse erfordert.

„Das wirklich Aufwendige ist das nachträgliche Bearbeiten der Daten, das Verwenden der Bilder, um daraus beispielsweise Geländemodelle von Fließgewässern inklusive der Unterwasserbereiche zu generieren“, berichten sie. „Darin sind wir Marktführer. Gerade im Alpinbereich liegen oft riesige Felsen und Blöcke im Gewässer; somit konnte man gar nicht alle Strukturen im Detail vermessen. Aber mit dieser Technik, in der aus verschiedenen Richtungen fotografiert werden kann, wurde es möglich.“

Universität Stuttgart eine wichtige Resource fürs Personal

Studienabgänger im Fachbereich Wasser sind überschaubar. Für Schneider und Haas bildet deshalb vor allem die Universität Stuttgart eine gute Quelle bei der Suche nach Mitarbeitern. „Von der Internationalisierung der Uni Stuttgart durch den Warem Studiengang, der vor 20 Jahren entstand, profitieren wir in unserem Business“, sagt Schneider über die Globalisierung im wissenschaftlichen Ingenieursbereich

Mit ihrem Wissen betreuen sie auch viele Master-Arbeiten und beschäftigen Praktikanten, die bei ihnen in Stuttgart und St. Georgen erste Praxiserfahrungen sammeln können. Die Hydrones GmbH ist schon jetzt eine feste Größe für Institutionen auf der ganzen Welt.

Geringe Hardware-Kosten bei Drohnen im Umweltschutz

Das Erfreuliche am Drohneneinsatz: Die Kosten sind wirklich moderat. „Hydrones macht ja auch Entwicklungshilfeprojekte. Wir vermitteln den Menschen vor Ort unsere Technologien, damit sie ihre Daten deutlich effizienter erheben können“, berichtet Haas.

Vor nicht langer Zeit taten sie dies in Thailand, vor wenigen Wochen in Bhutan. „Es kommt nicht darauf an, sich ein System für 50000 Euro zu kaufen. Was man braucht, ist eine gute Hardware, und die bekommt man schon ab 2000 Euro.“ Das bedeutet, dass Drohnen im Umweltschutz aus dem Amateur- oder Hobbybereich stammen können.

Entscheidend ist das Knowhow, wie die Bilder aufgenommen werden oder wo zusätzliche Vermessungspunkte abgelichtet werden müssen. Gute Bilder von der Drohne erlauben es, hinterher aus dem Bildmaterial ein gutes Modell zu erstellen.

Mit Casimir die Gewässer schützen

Aktuell betreut Hydrones eine Vermessung an der Jagst. „In diesem Mittellandfluss gibt es etliche Wasserkraftanlagen. Dadurch hat es viele Wehre, die das Wasser in einen ehemaligen Mühlkanal zur Wasserkraftanlage ausleiten. Diese Turbinen brauchen eine bestimmte Menge Wasser, um Energie produzieren zu können. Wenn man in die Niedrigwasserphase kommt, dann ist es oft so trocken, dass die Anlagen nahezu oder wirklich alles Wasser abziehen. Unterhalb des Wehrs ist dann kein Wasser mehr im Fluss. Genau das passiert in der Jagst an einigen Anlagen, so dass hier in trockenen Perioden die Gewässerökologie gefährdet ist“, sagt Schneider.

Mit dem Projekt an der Jagst will Hydrones nun herausfinden, wieviel Wasser mindestens im Fluss belassen werden muss, damit die Ökologie noch funktioniert. Die Software, auf die sich die Ingenieure dabei stützen, heißt Casimir (Computer Aided Simulation Model for Instream Flow and Riparia). An ihrer Entwicklung war Schneider im Verbund mit der Universität Stuttgart maßgeblich beteiligt.

„Auf die Geländemodelle, die wir mittlerweile mit Drohnen erstellen, können wir ein Strömungsmodell setzen und mit diesem auch Fischlebensräume untersuchen“, sagt Schneider über das Habitatmodell Casimir.

Von der Jagst bis Bhutan oder Thailand

Ähnlich ist das Projekt in Bhutan. Dort herrscht zwar kein Wassermangel. Im Gegenteil; in den bergigen Himalaya-Ausläufen gibt es ein großes Potenzial für Energiegewinnung mit Wasserkraft. Aber auch dieses darf nicht ungezügelt genutzt werden. Vor Ort bildet Hydrones aus, damit die Menschen die Untersuchungen selbst durchführen und damit zukünftig Abflüsse festlegen können, die ökologisch verträglich sind.

Einige der Messungen von Hydrones werden von der europäischen Union gefördert. Drohnen im Umweltschutz gibt es dank einigen ausgeschriebenen Vermessungsprojekten inzwischen auch im Einzugsgebiet des Neckars. „Ohne Drohnen oder Luftbilder im Bereich Vermessung geht eigentlich kaum noch etwas“, weiß Haas. Mit ihrem spezifischen Angebot hat sich Hydrones international erfolgreich etabliert.

Die Kooperationspartner bei Hydrones

I Am Hydro GmbH: „Wenn man in Stuttgart Umweltschutztechnik studiert, kommt man automatisch mit Studenten aus dem Programm zum Wassermanagement in Kontakt“, erzählt Christian Haas. Ein Netzwerk von Menschen, die weltweit mit dem Element Wasser arbeiten, war die Folge. I Am Hydro steht für „Investigations And Monitoring of Hydrosystems“ (Untersuchung und Überwachung von Wassersystemen). Die Feldstudien bedienen sich innovativer Messverfahren mit modernster Messtechnik.

Neben den eigentlichen Vermessungsarbeiten sind der nationale aber auch internationale Technologietransfer sowie Consulting ein wachsender Zweig der I am Hydro GmbH. Sowohl Haas als auch sein Kollege Thumser halten Vorlesungen an Hochschulen in Deutschland und der Schweiz in ihrem Fachgebiet.

SJE GmbH: Im Jahr 2001 gegründet, versteht sich das ökohydraulische wissenschaftliche Ingenieursbüro als Ableger des Lehrstuhls für Wasserbau und Wassermengenwirtschaft des Instituts für Wasser- und Umweltsystemmodellierung (IWS) der Universität Stuttgart. Geschäftsführer Matthias Schneider hat neben Vorlesungen an anderen Forschungseinrichtungen nach wie vor einen Lehrauftrag am IWS. SJE steht für Schneider Jorde Engineering. Der zweite Geschäftsführer, Klaus Jorde, arbeitet unterdessen von Österreich aus. Neben regelmäßigen wissenschaftlichen Publikationen konzentriert sich die SJE GmbH vor allem auf Modellierungen für Gewässer, Habitate und Ökohydraulik sowie auf Untersuchungen von Wasserkraftanlagen hinsichtlich Effizienz und Umweltverträglichkeit.