Der Auftritt vor amerikanischen Investoren ist der Höhepunkt der STEP NYC Startup-Tour in New York. Doch die Amerikaner zeigen, wie man Kritik positiv und aufmunternd verpackt. Dran bleiben, heißt es.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

New York - Höhle der Löwen – so heißt ein wenig reißerisch die Sendung, mit der in Deutschland das Privatfernsehen die knallharte Bewertung von Startups zu einer Unterhaltungssendung gemacht hat. Doch Hackers & Hefeweizen, wie die „Pitch-Nacht“ im Rahmen des Programms STEP NYC heißt, hat 13 deutschen Startups demonstriert, wie amerikanische Vollprofis Geschäftsideen souverän auseinander nehmen können – und freundlich dabei lächeln. Vor 130 Unternehmern, Investoren und Startup-Vertretern durften die Teilnehmer an einem Abend aufs Parkett. Jenseits der Expertengespräche und Vorträge in einer vollgepackten Woche war das wohl für viele Teilnehmer der Höhepunkt der Tour – der für Lampenfieber sorgte. Zwei Minuten Zeit, um das eigene Unternehmen, seine Erfolgszahlen und seine Visionen zu erklären, das ist selbst für vortragsgeübte Deutsche Startups ein hartes Limit.

 

Nach Art der Höhle der Löwen funktioniert das allerdings nicht. Die Investoren sind Profis. Selbst die härteste Kritik in Freundlichkeiten zu verpacken, ist eine amerikanische Kulturtechnik. Allein schon das Tempo und die Schärfe wie hier in NewYork Geschäftsmodelle analysiert, verstanden und zerpflückt werden, ließ den einen oder anderen Teilnehmer atemlos zurück.

Vor dem Pitch kommt das Speed-Dating

In einer Art Speed-Dating hatten sich die die Startups nämlich schon vor der öffentlichen Vorführung jeweils individuell drei verschiedenen Investoren gestellt. Nicht mehr als fünf Minuten waren für die Gespräche vorgesehen. Es ging um ein erstes Kennenlernen der Geschäftsidee.

Doch die New Yorker kamen schnell zum Punkt: Wie funktioniert die Technik? Wie misst man den ökonomischen Erfolg? Sind alle Schwachstellen bedacht? Drei Berater, drei völlig unterschiedliche Herangehensweisen. Todd Breeden von der Risikokapitalfirma Kiwi Venture erwies sich etwa als genauer Zahlenanalytiker: „Wenn ihr in die USA wollt, dann müsst ihr hier ganz schnell expandieren,“ sagte er am Beispiel der Mannheimer Video-Übersetzungsfirma Alugha. Und ein paar Daten zu den Umrissen der Firma genügten, um den nötigen Kapitalbedarf blitzschnell abzuschätzen. „Ein erster Investor müsste vier bis acht Millionen Euro in euch hineinstecken. Langfristig bräuchtet ihr 50 Millionen.

„Sie müssen sich mit ihrer Geschichte anfreunden“

Und diesen freundlich messerscharfen Ton erlebten alle Startups. Das Spektrum reichte von Online-Plattformen wie dem Anwaltsvermittler Advocado aus Greifswald und dem mobilen Bewerbungs-Tool LogOn aus der Nähe von Memmingen, über das IT-Optimierungsangebot LeanIX aus Bonn bis zu Just Spices aus Düsseldorf, einem Online-Anbieter für kreative Gewürzmischungen.

„Ihr müsst unbedingt Vertriebspartner finden, die schon genau mit den Leuten reden, die ihr erreichen wollt“, sagte Garrett Klugh von der Risikokapitalgesellschaft Star Angel zu dem in Deutschland schon etablierten IT-Startup LeanIX.

Über Motormiles aus München, das zu einer zentralen Kommunikations- und Marketingplattform für Autoenthusiasten werden wollen, sagte der Zahlenspezialist Breeden: „Wie viele Transaktionen, wie viele Kundenkontakte, wie viele Verkäufe bringt ihr? Ihr habt eure besten Daten zum Nutzerengagement und den Downloads – aber das zeigt, dass ihr eine Medienunternehmen seid und kein Marketingwerkzeug.“

Und dem Vertreter des Hightech-Startups Goopax aus Hannover, das Grafikkarten in Computern vielseitiger nutzen lässt, sagte Andrew Baker von der Investorengruppe Empire Angels nach dem Vortrag freundlich, aber bestimmt: „Sie müssen sich mit Ihrer eigenen Geschichte noch mehr anfreunden. Das hilft Ihnen dann dabei, die Aufmerksamkeit des Publikums für Ihre Geschichte zu gewinnen – die ist nämlich wirklich kompliziert.“

Hart aber fair – und nicht arrogant

Und obwohl bei STEP NYC auf die Schnelle kein US-Investor bei einem der Startups anbiss, waren die deutschen Teilnehmer, die durch die Mühle genommen wurden, positiv beeindruckt. „Hier sind die Investoren härter – in Deutschland arroganter“, sagte ein Teilnehmer hinterher. Man habe immer gemerkt, dass man die Ideen unvoreingenommen und nicht von oben herab betrachtet habe.

Die positive Reaktion lag aber wohl auch daran, dass nach mehreren Tagen an Informationen über das harte Startup-Pflaster New York die Deutschen Unternehmen mit realistischen Erwartungen an das Event herangingen. Wer über den großen Teich springt, muss vorbereitet sein.

Die Amerikaner zeigten sich bei dem einen oder anderen Unternehmen bereit, den Faden aufzunehmen. „Das wichtigste ist, dass die Firmen am Ball bleiben“, sagt Andrea Diewald, die für die deutsch-amerikanische Handelskammer New York das Programm von Stuttgart aus organisiert. Amerikaner sind immer dafür offen, Startups an andere Investoren oder Kontakte in ihrem Netzwerk weiterzureichen, wenn sie selbst nicht interessiert sind. Diewald, die für das seit zwei Jahren laufende Programm Gespräche mit 1000 Startups in ganz Deutschland geführt hat und davon 127 zur Reise motiviert hat, erlebt immer wieder, dass deutsche Gründer, ein unrealistisches Bild von den USA haben: „Manche erwarten, dass sie hier mit 20 Risikokapitalgebern Gespräche führen und sofort mit einem Scheck zurückfliegen.“

STEP NYC ist ein Türöffner

So offen die USA in der Außenwahrnehmung seien, so wichtig seien im Land die richtigen Türöffner. Außerhalb des Programms wäre es für ein individuelles Unternehmen unmöglich, so komprimiert die Chance zum Präsentieren und Netzwerken zu bekommen.

Beim Programm STEP NYC werden die deutschen Startups von den Amerikanern erst einmal ausgecheckt. Wer aber bei dem einen oder anderen Scout in die Datenbank oder Kontaktliste kommt, hat schon viel gewonnen. „In den USA gibt es extrem viel Risikokapital, das ist richtig“, sagt Diewald. „Aber es gibt auf der anderen Seite auch ganz viel Nachfrage nach Kapital. Die Investoren sind verwöhnt: Die wollen in vertraute Rechtsformen investieren und erwarten, dass ein ernsthafter Interessent auch hier in den USA ist.“

Wer aber zeigt, dass er die Disziplin hat, bei seinen hier geknüpften Kontakten nicht locker zu lassen, hat in den Augen potenzieller amerikanischer Partner schon ein ganz wichtiges Talent bewiesen. „In Kontakt bleiben, nicht aufgeben, dran bleiben, sich nicht abwimmeln lassen“, sagt Diewald: „Traue dich, deine Vision zu präsentieren und zu ihr zu stehen.“